A. Merritt - Schiff der Ischtar by A. Merritt

A. Merritt - Schiff der Ischtar by A. Merritt

Autor:A. Merritt [Merritt, A.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: babylon
veröffentlicht: 2012-08-31T16:00:00+00:00


7. DIE KETTEN BRECHEN

Wieder schaute Sharane von ihrem Deck auf ihn herab. Die Zeit war vergangen, seit sie das letztemal dort gestanden und ihn verhöhnt hatte. O ja, zweifellos war die Zeit verstrichen, aber wieviel in seiner eigenen, zurückgelassenen Welt vergangen war, wußte er nicht zu sagen. Es gab keinen Vergleich hier in dieser zeitlosen Welt. Schlaf um Schlaf hatte er auf seiner Bank gelegen und heimlich Ausschau nach ihr gehalten. Aber sie war in ihrem Kastell geblieben – oder wenn nicht, war sie zumindest nicht in sein Blickfeld gekommen.

Er hatte den Wikinger nicht eingeweiht, daß es ihm gelungen war, den Zauber des Schlafhorns zu brechen. Er vertraute ihm mit Herz und Seele. Doch war er nicht sicher, daß der Nordländer sich verstellen, den Schlaf glaubwürdig vortäuschen könnte wie er. Er hielt es für besser, dieses Risiko nicht einzugehen.

Und nun schaute Sharane wieder von der Plattform in der Nähe des smaragdfarbigen Mastes zu ihm hinunter. Die Sklaven schliefen. Niemand hielt Wache auf dem schwarzen Deck. Nun war ihr Gesicht ernst und ohne Hohn. Und als sie sprach, kam sie direkt zum Kern.

„Wer immer und was immer du auch bist“, sagte sie, „zwei Dinge kannst du tun: die Barriere überqueren, und wachbleiben, wenn die anderen – Sklaven – schlafen müssen. Du hast behauptet, du wirst deine Ketten brechen. Da du diese beiden erwähnten Dinge tun kannst – halte ich es auch für möglich, daß du auch das dritte schaffst. Außer …“ Sie hielt inne.

Er las ihre Gedanken. „Außer ich belog dich wie zuvor“, schloß er scheinbar ungerührt ihren Satz. „Nur waren es auch damals keine Lügen. Doch sprich weiter.“

„Wenn du dich von den Ketten befreien kannst, bin ich bereit, dir dein Schwert zurückzugeben, unter der Bedingung, daß du damit Klaneth tötest. Denn wenn du deine Ketten sprengen kannst, sagt etwas in mir, daß es dir auch gelingen wird, Klaneth mit dem Schwert zu töten, das ganz sicher Nabus ist. Nun, wirst du es tun?“ Sie blickte ihn atemlos an.

„Wirst du es tun?“ wiederholte sie.

Er tat, als überlege er. „Weshalb sollte ich Klaneth töten?“ fragte er schließlich.

„Weshalb? Weshalb?“ Wieder klang Verachtung aus ihrer Stimme. „War er es nicht, der dich in Ketten warf? Der dich auspeitschen ließ? Der dich zum Sklaven machte?“

„Hat nicht Sharane mich mit Speeren verjagen lassen? Hat nicht Sharane mit ihrem Hohn und spöttischem Lachen Salz in meine Wunden gestreut?“

„Aber – du hast mich belogen!“ rief sie.

Wieder täuschte er vor zu überlegen. „Was bekommt dieser Lügner, Schwächling und Sklave dafür, wenn er den schwarzen Priester für dich tötet?“

„Bekommen?“ echote sie verständnislos.

„Was zahlst du mir dafür?“

„Bezahlen? Oh!“ Die Verachtung in ihren Augen war schlimmer denn je zuvor. „Du wirst belohnt werden. Du sollst deine Freiheit wiederhaben – kannst dir von meinen Juwelen aussuchen, was du magst, ja, du kannst sie alle haben …“

„Freiheit werde ich haben, wenn Klaneth tot ist“, erwiderte er. „Und was nützen mir dein Gold und deine Edelsteine auf diesem verdammten Schiff?“

„Du verstehst nicht. Sobald der schwarze Priester nicht mehr lebt, kann ich dich an jedem Land der Welt absetzen, wo immer du auch willst.



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